niedziela, 6 września 2015

SPIEGEL-Brief

Sehr geehrter Herr Pascal Alter!

Der Tod von 71 Flüchtlingen in einem kleinen Kühllaster hat mir wieder einmal bewusst gemacht, welches Risiko Menschen auf der Suche nach einem sicheren Platz zum Leben eingehen müssen und wie skrupellos sich Schleuser an ihrer Not bereichern. Gleich mehrere Kollegen haben sich aufgemacht nach Österreich, nach Ungarn, in die Türkei. Sie suchten nach Spuren der Täter und Hintermänner der Tragödie von Österreich, sie trafen Schlepper, Schleuser und Flüchtlinge, die ihnen erzählten, wie das Geschäft funktioniert.

Pete Doherty, den durchgeknallten, drogensüchtigen Ex-Geliebten von Amy Winehouse, kennt fast jeder, der Musik mag. Dass Doherty jetzt seine alte Post-Punkband Libertines wieder aufleben lässt, verwundert mich nicht. Auch Popstars brauchen Geld, und seit fast niemand mehr CDs kauft, werden selbst tot geglaubte Rock-Opas wieder auf die Bühne geschoben. Mein Kollege Jurek Skrobala hat Doherty in Paris getroffen. Bei Champagner hat er mit Doherty über die Auferstehung gesprochen.

Dass Hitler indes zu Beginn des Zweiten Weltkriegs enorme militärische Erfolge feierte, weil seine Soldaten mit Pervitin vollgepumpt waren, verweist mein Kollege Martin Doerry in den Bereich der Legenden - ebenso wie die Behauptung, dass Hitler selbst sich den weiteren Verlauf des Krieges mit Drogencocktails schönfärbte, wie der Autor Norman Ohler behauptet. Schon verrückt, finde ich, das auch mehr als 70 Jahre nach dem Tod Hitlers noch angebliche Entdeckungen zu machen sind. Lesenswert sind die Thesen allemal - ebenso wie die kritischen Auseinandersetzungen damit.

Sehr interessant finde ich das SPIEGEL-Gespräch meiner Kolleginnen Rafaela von Bredow und Veronika Hackenbroch mit dem Pharmakritiker Peter Wilmshurst. Der britische Kardiologe erklärt darin, mit welchen Tricks die Pharmaindustrie Studien zu Medikamenten frisiert und unliebsame Ergebnisse unterdrückt. Leider lässt Wilmshurst keinen Zweifel daran, dass die üble Praxis anhält und dass entsprechende Studien selbst namhafter Ärzte mit großer Vorsicht zu genießen sind.

Viel Vergnügen bei der SPIEGEL-Lektüre wünscht Ihnen

Ihr Andreas Ulrich
SPIEGEL-Redakteur

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