Sehr geehrter Herr Pascal Alter !
Auf der Suche nach guten Nachrichten schaut die Welt in diesen Wochen nach Hongkong: Wird es den demonstrierenden Studenten gelingen, wenigstens ein bisschen Demokratie für ihre Stadt zu erkämpfen? Zwei Autostunden nordöstlich von Hongkong, in dem südchinesischen Dorf Wukan, gingen die Bewohner bereits vor drei Jahren für freie Wahlen auf die Straße, ein Aufstand gegen die Korruption in der Gemeindeverwaltung. Mit Erfolg: Am Ende durften die Menschen tatsächlich selbst über ihre Vertreter im Dorfrat abstimmen. Die Nachricht machte damals weltweit Schlagzeilen. Was ist seitdem im Dorf passiert? Mein Kollege Bernhard Zand, China-Korrespondent des SPIEGEL, ist nach Wukan gereist. Mehrere Tage verbrachte er vor Ort, angetrieben von der großen Frage: Kann China je demokratisch werden? Zand traf auch die beiden Anführer der damaligen Protestbewegung. Die Männer sind heute tief zerstritten, einer der beiden sitzt mittlerweile im Gefängnis; auch viele Wähler sind unzufrieden. "Es ist der Konflikt, der nach vielen Revolutionen ausgebrochen ist", schreibt Zand in seiner Reportage, "der zwischen den Träumern, die alles wollen, was sie sich wünschten, und den Realisten, die sich mit dem Machbaren zufriedengeben."
Mitten in der Innenstadt von San Francisco liegt die Zentralbibliothek, ein Bau aus den Neunzigerjahren und zugleich Symbol einer anderen Epoche. "In der Welthauptstadt des digitalen Zeitalters ist sie auch ein Ort von gestern", schreibt meine Kollegin Antje Windmann, die gerade zwei Monate lang in San Francisco gelebt und gearbeitet hat. Windmann porträtiert in ihrem berührenden Text einige der Menschen, für die die Bibliothek zu einem zweiten Zuhause geworden ist, in Ermangelung eines ersten: Obdachlose. Etliche Menschen ohne festen Wohnsitz verbringen den ganzen Tag in der Bibliothek, um sich fortzubilden oder auch nur, weil sie dort nicht vertrieben werden. Viele Obdachlose sind Opfer des Wirtschaftsbooms: Die hohen Gehälter, die Konzerne wie Google oder Twitter ihren Mitarbeitern zahlen, haben die Mieten in der Region San Francisco explodieren lassen; wer nicht mithalten kann, hat Pech gehabt. Die Bibliothek, so Windmann, verstehe sich dagegen als "ein Ort für alle".
Im Sommer wechselte der polnische Stürmer Robert Lewandowski von Borussia Dortmund nach München. Der FC Bayern verstärkte damit nicht nur seinen eigenen Kader, er schwächte zugleich den stärksten Konkurrenten der vergangenen Jahre - eine Strategie, die die Bayern schon öfter praktiziert haben. Mein Kollege Rafael Buschmann aus dem Sportressort zeichnet Lewandowskis außergewöhnliche Karriere in einem Porträt nach. Buschmann erzählt von den Beratern des Spielers, die bei jedem Vereinswechsel mitverdienen. Und natürlich sprach er auch mit Lewandowski selbst. Über Dortmund wollte der Fußballstar beim Treffen in München allerdings kaum noch reden. Der Text ist ein spannendes Stück über den Profi-Fußball, für Dortmund-Fans allerdings vermutlich eine eher schmerzhafte Lektüre.
Viel Spaß mit dieser Ausgabe des SPIEGEL wünscht Ihnen
Martin Wolf
SPIEGEL-Redakteur
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