Medienmacht und Widerspruchserfahrung
herausgegeben von
Peter Bathke, Hermann Kopp
und Werner Seppmann
153 S., broschiert, P
AHL-RUGENSTEIN, 978-3-89144-395-8 12,90 EuroFragt man nach den Gründen der Verbreitung und des Einflusses der neoliberalen Ideologie in
den sozialen Auseinandersetzungen der jüngsten Zeit, so stößt man unweigerlich auf die Rolle
der Massenmedien. Ohne die aktive Mithilfe des Medienapparates könnte die Ideologie der
Deregulierung und des ungebremsten Marktes nicht so tief in das allgemeine Bewusstsein
eindringen. Jedoch wäre die geistige Formierung nicht so leicht möglich, hätten die verbreiteten
»Lösungsvorschläge« nicht auch für die Krisenopfer einen Schein von Plausibilität.
Im Rahmen der bestehenden Macht- und Ohnmachtsverhältnisse gelingt es dem Medienapparat
zwar meist, das letzte (der Realität und der Wahrheit widersprechende) Wort zu behalten.
Mangels Alternativen werden seine »Sprachregelungen« übernommen. Doch werden dadurch
die alltäglichen Widerspruchserfahrungen nicht suspendiert. Die Manipulationsapparate sind
also nicht allmächtig. Darin liegt die Chance sozialer Aufklärungsprozesse und politischer
Selbstbestimmung, zu denen auch die Projekte einer medialen Gegenwehr gehören.
Gegenstand des Buches sind nicht nur eine Bestandsaufnahme der weltweiten Konzentration
der Medienapparate in den Händen der Machteliten, der Kampf um die kulturelle Hegemonie
sowie die aktuellen Formen der Manipulationsstrategien in der täglichen Berichterstattung.
Gefragt wird auch nach den Durchsetzungschancen kritischer Sichtweisen: Alternative
Internetmedien zeigen auf, wie es gelingen kann, die ideologische, mediengestützte Hegemonie
der Herrschenden aufzubrechen.
Dieser Band basiert auf Beiträgen zu einer am 21. und 22. Oktober 2006 gemeinsam von der
Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW und der Marx-Engels-Stiftung in Wuppertal organisierten
Tagung über »Medienmacht und Widerspruchserfahrung«.
Inhalt
Bernd Hamm:
Medienmacht – wie und zu wessen Nutzen unser Bewusstsein gemacht wird
Werner Seppmann:
Medienbewusstsein und Widerspruchserfahrung
Peter Bürger:
Die Überbaubasis. Zur Kritik der Massenkultur und des Kriegsmarketings der
Unterhaltungsindustrie
Gitta Düperthal:
Die alltägliche Medienmanipulation. Oder: Warum es wieder einen linken Journalismus
geben muss!
Karin Leukefeld:
Über Medien in Zeiten des Krieges
Hans-Dieter Hey:
Alternative Medien – Hürden und Chancen
Wolfgang Lieb:
Besser nachdenken: www.nachdenkseiten.de
Gisela Notz:
Gegenöffentlichkeit statt Mitmacht.
Alternative Zeitungen und Zeitschriften der »Neuen
Frauenbewegungen«.Entstehungsgeschichten, Beispiele, Konzepte
Mag Wompel:
LabourNet Germany: Unterdrückte Nachrichten im Netz. Über die Nutzung elektronischer
Medien für journalistische Gegenmacht
Rezension
Medienkritik
Beilage zur Leipziger Buchmesse
Neues Deutschland, 13.03.2008
Von Hanno Harnisch
Was könnte die neoliberale Ideologie in den sozialen Auseinandersetzungen bewegen, ohne
aktive Schützenhilfe eines allmächtigen Medienapparates? Es würde den Adepten der Deregulierung
und des allmächtigen Marktes weitaus schwerer fallen, wenn nicht sogar unmöglich
werden, tief in das allgemeine Bewusstsein einzudringen. Doch wo ist eine breite und kritische
Gegenöffentlichkeit? Wie ist eine Gegenartikulation möglich? Wer sind ihre Träger? Wie kann
man die – vermeintliche – Almacht der Manipulationsapparate brechen?
Viele Fragen wurden aufgeworfen, interessante Antwortversuche gegeben auf einer
gemeinsamen Konferenz der Rosa–Luxemburg–Stiftung NRW und der Marx–Engels–Stiftung in
Wuppertal, deren
Beitrag jetzt im vorliegenden Bändchen versammelt wurden. Die übergreifende These:
Manipulationsapparate sind nicht allmächtig. Soziale Aufklärungsprozesse haben eine Chance,
politische Selbstbestimmung ist möglich, Projekte einer medialen Gegenwehr vorhanden.
Bernd Hamm, Soziologe der Universität Trier, untersucht „Medienmacht – wie und zu wessen
Nutzen unser Bewusstsein gemacht wird". Mit einer Fülle von Informationen (und Fußnoten)
weist er nach,, dass Medien von einem Organ, das die Mächtigen kontrollieren sollte, „zu einem
Instrument in ihren Händen geworden sind". Am Beispiel des Kriegs gegen Irak zeigt er die
Mechanismen von Manipulation und Desinformation. „Medien in Zeiten des Krieges" ist auch der
Ansatz von Karin Leukefeld, die ja auch im ND vielfach vor Ort aus dem Nahen Osten und aus
Irak berichtet. Viele Journalisten seien in Kriege nicht mehr nur „eingebettet", sondern
„eingepflanzt". Unabhängige Berichterstattung ist zur absoluten Ausnahme geworden. Vom
letzten Libanon–Krieg objektiv zu berichten, sei eine „schier unlösbare Aufgabe" gewesen.
Der Theologe und Medienwissenschaftler Peter Bürger (Autor des Buches: „Bildermaschine für
den Krieg. Das Kino und die Militarisierung der Weltgesellschaft") stellt sehr beispielkräftig die
Kollaboration von Kriegs– und Filmindustrie dar.
Weitere Beiträge bieten interessante Internetalternativen (www.nachdenkseiten.de von
Wölfgang Lieb) oder der Zeitschriften (Gisela Notz über „neue Frauenbewegungen"). Fazit:
Widerspruch ist möglich, er muss nur erhoben (und gehört!) werden.
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