Sehr geehrter Herr Pascal Alter !
1989 zog meine Familie aus Polen nach Deutschland. Ich war sieben Jahre alt, als wir in der Nähe von Dortmund aufschlugen. Mein Vater kaufte einen Opel Kadett, ein lupenreines Arbeiterauto. Viele Eltern meiner Freunde fuhren Opel. Der Autohersteller war einer der bekanntesten Arbeitgeber im Ruhrgebiet, das Produktionswerk in Bochum beliebt als Ausflugsziel vieler Schulklassen. Am 5. Dezember dieses Jahres rollte dort der letzte Wagen vom Band, Opel zieht sich, krisengeplagt, aus Bochum zurück. 3300 Mitarbeiter müssen sich nach einem neuen Arbeitgeber umsehen.
Mit großem Interesse habe ich deshalb den Text meines Kollegen Uwe Buse gelesen, in dem er den Kampf der Rüsselsheimer Automarke gegen das "Biedermeier-Arbeiter-Image" beschreibt. Buse stellt Tina Müller vor, eine ehemalige Kosmetikmanagerin, die nun im Marketingvorstand der Opel Group sitzt und für die Kampagne "Umparken im Kopf" verantwortlich ist. Müller hat einen Werbeetat von rund zehn Millionen Euro zur Verfügung - pro Monat. Der Kritik, die ihr entgegenschlägt, begegnet sie mit stählernem Selbstbewusstsein.
Zum Thema Konsumrausch, der uns alle in diesen Tagen mehr oder weniger befällt, kann ich nur empfehlen, was unser USA-Korrespondent Markus Feldenkirchen aufgeschrieben hat: die sehr anrührende Geschichte der Maria Fernandes. Der Name sagt Ihnen nichts? Nun, wenn Sie die Reportage gelesen haben, werden Sie das Schicksal dieser modernen Wanderarbeiterin so schnell nicht vergessen. Die 32-Jährige aus New Jersey träumte den alten amerikanischen Traum von Aufstieg und Wohlstand. Dafür hat sie sich zu Tode geschuftet - in drei Jobs, die sie bei "Dunkin' Donuts" hatte.
Auch der Text "Stadt der Angst" hat eine weibliche Protagonistin. Mein Kollege Jan Puhl aus dem Auslandsressort protokollierte die Eindrücke einer mutigen Frau, die in einer der zurzeit gefährlichsten Städte der Welt lebt: Maiduguri, Nigeria. Die Frau, deren Name, Beruf und alle anderen persönlichen Angaben ungenannt bleiben, da sie sonst einem zu großen Risiko ausgesetzt wäre, lebt unter der Belagerung von Boko Haram. Sie schildert, wie die islamistische Terrororganisation ein ganzes Land in Aufruhr versetzt, wie sie einen Staat in die Knie zwingt und den Menschen in Maiduguri jegliches Sicherheitsgefühl raubt. Ein seltener Einblick in das Leben unter Boko Haram.
Matthias Schepp, Russland-Korrespondent des SPIEGEL, zeichnet im Text "Geheimsache Chodorkowski" die Umstände der Freilassung Michail Chodorkowskis nach – mit neuen, bislang unveröffentlichten Details. Schepp zitiert unter anderem aus einem vertraulichen Brief Hans-Dietrich Genschers an Wladimir Putin und liefert damit neue Erklärungen für Putins Motivation, Chodorkowski aus der Haft zu entlassen.
Ihr Rafael Buschmann
SPIEGEL-Redakteur
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