Liebe Leserin, lieber Leser!
Im vergangenen Jahr hat jeder Deutsche im Schnitt 107 Liter Bier getrunken. Viele Biertrinker machen es wie ich: am Samstag, nach dem Wochenendeinkauf, beim Getränkemarkt vorfahren; zielstrebig zur Lieblingsmarke vorstoßen; zahlen; den Kasten in den Kofferraum wuchten. Dass es neben den Sorten, die jeder aus der Fernsehwerbung kennt, immer mehr Spezialbiere gibt, beschreibt mein Kollege Carsten Holm in seiner Geschichte über Craft Beer. Fruchtig oder würzig, im Abgang Schokolade oder Kirsche - fast alles wird ausprobiert. Der schönste Fachausdruck (mit dem ich künftig bei meinem Getränkehändler vorsprechen werde)? "Hohe Drinkability".
Der französische Schriftsteller Frédéric Beigbeder wurde vor ein paar Jahren mit dem Roman "39,90" bekannt, der amerikanische Schriftsteller J. D. Salinger wurde vor vielen Jahren mit dem "Fänger im Roggen" berühmt. 2007 machte sich Beigbeder auf in die Wälder von New Hampshire, um den Einsiedler Salinger zu treffen - vergebens. Jetzt hat er einen Roman über Salinger geschrieben, ein Buch über eine Langzeitobsession. Er schildert Salinger als Soldaten im Zweiten Weltkrieg, und mein Kollege Thomas Hüetlin erklärt, wie Beigbeder die Wirklichkeit zu einer höheren Wahrheit umformt. Für einen Bewunderer von Salinger wie Hüetlin ist diese Lektüre kaum erträglich, und er ist "fast froh beim Lesen des Buchs, dass endlich der Zweite Weltkrieg beginnt".
Dass in unseren Autos haufenweise Elektronik verbaut ist, merkt jeder Autofahrer spätestens dann, wenn sich der Mann in der Werkstatt daranmacht, den Fehlerspeicher auszulesen. Was all die Chips, Sensoren und Prozessoren mittlerweile können, haben Dietmar Hawranek und Marcel Rosenbach aufgeschrieben: Das moderne Auto sammelt Daten und wertet sie aus; Temperaturanzeige und Navi, Tempomat und Einparkhilfe machen aus der Elektronik, was Opel einen "Concierge- Service" nennt. Die Daten, die jeder Autofahrer liefert, sind ein begehrter Rohstoff: Wer beispielsweise Zugriff auf die Daten der Regensensoren hat, träumt vom besten Wetterdienst der Welt; und wer weiß, wie wir fahren, kann die Daten an Versicherungen verkaufen.
Vor zwei Wochen war Bartholomäus Grill, Afrika-Korrespondent des SPIEGEL, in Mosambik unterwegs, um eine Geschichte über Nashorn-Wilderer zu recherchieren. Ich saß gerade mit einem Kollegen aus dem Auslandsressort beim Essen, als dessen Handy klingelte. Die Deutsche Botschaft in Maputo war dran: Grill sei in Polizeigewahrsam, wütende Dorfbewohner würden ihn und seinen Fotografen Toby Selander bedrohen, die beiden bräuchten eiligst einen Anwalt. Grill kam nach ein paar Tagen frei, unversehrt. Was er in Mosambik erlebt hat, erzählt er in diesem Heft. Zum ersten Mal in 30 Jahren Afrika, schreibt er, habe er mit dem Leben abgeschlossen gehabt.
Viel Spaß bei der SPIEGEL-Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Hauke Goos
SPIEGEL-Redakteur
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